Liebe Gemeinde, dies ist die wahre Geschichte von Daphne Elfenbein, größte Lügnerin aller Zeiten und Zeitungsente in einer Großstadt des 21. Jahrhunderts: Berlin.
Die kleine Daphne wurde unter dem Ladentisch eines Toto Lotto Kiosks im Wedding geboren. Grade lieferte eine Großbäckerei aus Großbeeren die frischen Brötchen an. Kaffeeduft zog durch den Blätterwald der druckfrischen Zeitungen. Die Mutti rückte ihre Kleider zurecht, kämmte ihr von der Geburt derangiertes Haar und begrüßte, hinter dem Ladentisch stehend, den nächsten Kunden. Hin und wieder verschwand sie, um nach dem Baby zu sehen, das im Lager hinter dem Ladenraum auf einem mannshohen Stapel der Neuen Illustrierten Wochenschau lag und strampelte. Der Säugling hatte also Zeit genug, schon bald alle Zeitungen zu lesen, die ihm als Kinderbettchen dienten. Schon bald las das kluge Kind alle Zeitungen, derer es nur habhaft werden konnte und wurde im zarten Alter von vier bereits kurzsichtig davon.
Die Mutter des Mädchens war arm und ging nie zum Arzt. Irgendwann schenkte ein Stammkunde dem Kind eine Lupe von MäcGeiz in der Müllerstraße, damit es lesen konnte. Denn ihr intellektueller Hunger war größer als die Lust auf schokolierte Mangostreifen, die die ersten drei Lebensjahre die Hauptnahrungsquelle des Mädchens darstellten, die Mutter hatte ein Abo bei Hussel. Selbst als Klein Daphne an der Mutterbrust Kakao schlürfte, las sie nebenher das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen. Die Lupe brauchte sie erst, als sie mit der Börsen-Zeitung anfing.
Während die Frau Mama verhärmt hinter dem Ladentisch stand und Kaffee trank, erwachte in dem Kind die Neugier auf die Welt. Aufregende Verbrechen, große Wirtschaftsunternehmen, Völkerwanderungen, Krieg, Vertreibung, Hunger, Geld, Konsum und Kultur galt es zu erkunden. Klein Elfenbein wollte ihre eigene Zeitung schreiben, worin sie die Welt durch ihre Lupe sah: Der Titel: Schokolierte Mangostreifen. Die Frau Mama versuchte noch, das Kind zu verhexen, damit es bleibe und ihr im Laden helfe. Und gewiss wusste sie nicht, was die ersten festen Schuhe bewirkten, die sie dem Kind für draußen kaufte. Sie waren von einer solchen Qualität, dass sie Flügel bekamen, wenn das Kind sie anzog, und wie von selbst über den Boden glitten. Hei was für ein Spaß! Fahrtwind, Tempo, Asphaltstraßen wie Moos und eine Fußmassage noch dazu, die die Energie bis in die Redaktion des Kinderkopfes schickte.
Ja, die Zeit war jetzt reif geworden. Klein Elfenbein schwirrte seit ihrem 05. Geburtstag, den sie in der Schuh-Abteilung von Woolworth feierte, auf ihren Wunderschuhen durch den Wedding und hielt ihre Lupe auf all die Wunder und Wunderlichkeiten, die dieser Metropolenausschnitt zu bieten hatte: Atemberaubende Trödel-Läden, türkische Cafés mit Mango-Spezialitäten, Coffee Shops mit einer unvorstellbaren Auswahl an Tageszeitungen, Frisörläden mit Drachen im Schaufenster, und und und.
Bald schon gesellte sich eine streunende Katze namens Daisy dazu. Sie war aus einem Donald Duck Band für Shakespeare Liebhaber entlaufen und gemeinsam hingen die beiden gern bei den Trinkhallen und Toto Lotto Kiosken der Umgebung herum und betrachteten mit kindlich journalistischem Blick das bunte multinationale Treiben um sie herum. Wenn sie es nur verstehen könnten, das Gewirr von türkischen, arabischen, afrikanischen Dialekten. Englisch hatten sie ja in der Börsen-Zeitung gelernt, aber das kam eher selten vor. Hmmm...
Die Wanderungen von Daphne und Daisy wurden länger. Ihr Revier vergrößerte sich und erstreckte sich schon bald bis zum Regierungsviertel an der Spree, wo sie gern im Plenarsaal des Bundestages saßen und Debatten verfolgten, während die Frau Mama daheim für den Lebensunterhalt sorgte und sich immer öfter schwächelnd ans Herz griff, dann aber tief und dankbar das Düfte-Potpourri ihres Ladens einatmete, während ihr Kind mit ihrer vierbeinigen Freundin im Plenarsaal in den Besucherreihen saß und Debatten verfolgten. Im Bundestag herrschte eine ganz besondere Stille und eine meditative Langsamkeit, die an Stillstand grenzte, sodass Daphne nicht selten mit ihren Flügelschuhen scharrte. Es war nicht leicht, in der einen Hand schokolierte Mangostreifen zu halten und in der anderen Hand den Stift auf dem Papier zu führen, das auf ihren Knien lag. Abends ging sie mit Daisy vietnamesisch essen und sie debattierten über Politisches: Daisy naschte Thunfisch und Daphne löffelte unter ihrer Lupe die Welt. Fröhlich baumelte das Lesegerät um den Hals der kleinen Elfenbein, als sie auf der Torfstraße laut verkündete: Leute! Es ist Zeit die Welt zu verändern! Schließlich haben nun auch Kinder nach langen Kämpfen das Wahlrecht bekommen!
Tja, liebe Leserinnen, wenn Sie jetzt bis hierhergekommen sind, ist das toll! Denn hier beginnt nun der lehrreiche Teil der Geschichte. Kann ein Mensch, der mit schokolierten Mangostreifen aufwuchs und schon mir drei eine Lupe zum Lesen braucht, ein gesundes Urteilsvermögen entwickeln? Wie kam es dazu, dass unsere kleine Lebenskünstlerin sich in ihrem Parteiprogramm plötzlich einen Wedding ohne ausländische Dialekte ausmalte, rein wie ein Toto Lotto Kiosk, sauber und aufgeräumt, immer pünktlich geöffnet, nette Gespräche mit Stammkunden, die bei der BVG oder BSR arbeiteten und bald in Rente gingen, einer Katze, die im Schaufenster schlief... Aber es stimmte: Daphne Elfenbein wollte nicht nur den Wedding verändern, sondern die ganze Welt. Alternative für Deutschland, nannten sie daher die Partei, die sie gründete, mit dem Parteiorgan „Schokolierte Mangostreifen“, schon bald die stärkste Kraft im Land?
Hoffentlich nicht. Liebe Gemeinde!! Hier mein Appell: Sorgen Sie In Gottes Namen dafür, dass es nicht so weit kommt. (c) Brigitte Hallbauer
Wer stinkt, ist unfrisiert, unrasiert und hält sich für den Größten?
Na?
Wer macht sich lustig über Schwächen Anderer, klopft sich auf die Brust und kann kaum über den eigenen Dickwanst hinaus schauen?
Na?
Wer säuft, hurt und kratzt sich die Eier, während er Sonntagspredigten hält und und Regeln für Andere aufstellt?
Na?
Wer kriegt nur einen hoch, wenn die Bomben fallen und hält Mogeln beim Kartenspielen für ein Kardinalverbrechen?
Na?
Jetzt isses aber einfach zu erraten...